Dank der im vergangenen Corona-Jahr besonders großen Spendenbereitschaft privater und öffentlicher Förderer ist das Künstlermuseum Heikendorf-Kieler Förde bisher wenigstens finanziell glimpflich durch die Pandemie gekommen. Hart betroffen ist das mitten in Heikendorf am Ostufer der Kieler Förde gelegene Künstlermuseum trotzdem: Zum einen fehlen wegen der per Landesverordnung zur Pandemiebekämpfung auferlegten Schließung die Besucher. Zum anderen dürfen sich die 45 ehrenamtlich Mitarbeitenden seit dem vergangenen Frühjahr kaum noch gemeinsam um ihr Haus kümmern. Museumsleiterin Dr. Sabine Behrens und ihr Stab engster Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen trotzdem zuversichtlich in die Zukunft.
Eigentlich wöchentlich, wegen der Pandemie jetzt noch alle 14 Tage, trifft sich Sabine Behrens mit ihrem Team in der Ausstellungshalle, um die neuesten Museumsangelegenheiten zu besprechen. Weil der Raum so groß ist, können sie hier leicht mit ausreichend Abstand zueinander tagen. Und sie sitzen inmitten von Kunst: Mit der Ausstellung „Aus dem Rahmen“ würdigt das Museum seit dem Eröffnungstermin am 19. Dezember das umfangreiche Werk der 1940 in Pommern geborenen, jetzt in Kronshagen lebenden Künstlerin Monika-Maria Dotzer.
Gesehen aber hat die Ausstellung bislang niemand. Nicht ganz so schlimm traf es die vorige, ebenso große und sorgfältig kuratierte Schau mit Landschaftsmalerei aus der belgischen Künstlerkolonie Tervuren. Sie war immerhin vom 26. September an bis Anfang November geöffnet. Und in den wenigen Sommerwochen zuvor, in denen die Öffnung des Künstlermuseums nach dem ersten Kultur-Lockdown gestattet war, zeigte das Heikendorfer Haus in Kooperation mit dem Plöner Kreismuseum und dem Probstei Museum in Schönberg eine von drei Ausstellungen mit Werken des Bildhauers Fritz During. Dann kam mit Verkündung der Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus in der Fassung vom 1. November die erneute Schließung.
„VIELE EHRENAMTLICH MITARBEITENDE
GEHÖREN ZUR HOCHRISIKOGRUPPE“
Doch selbst die Öffnung im Sommer war nur eingeschränkt möglich: „Ein großer Teil unseres ehrenamtlichen Museumspersonals ist 65 Jahre oder älter und gehört damit zur Hochrisikogruppe“, weiß Dr. Hermann Marquort. Er ist Mediziner und hat 15 Jahre lang die das Haus tragende Heinrich-Blunck-Stiftung geleitet, bevor er kürzlich das Amt an den Heikendorfer Altbürgermeister Alexander Orth übergab. „Weil wir diese Ehrenamtlichen wegen der Gefährdung nicht einsetzen wollten, haben wir im Sommer auf zwei mögliche Öffnungstage verzichtet.“ Schließung, eingeschränkte Öffnung – das drückt auf die Eintrittsgelder: „Wir hatten in 2020 vier Monate lang geschlossen und sind in der übrigen Zeit auf nur etwa die Hälfte der Besucher eines normalen Jahres gekommen“, rechnet Marquort vor. In die roten Zahlen gerutscht ist das Museum trotzdem nicht. Doch wie kommt das?
„DIE STIFTUNG TRÄGT DAS MUSEUM IM JURISTISCHEN SINNE,
TATSÄCHLICH ABER EHRENAMTLICHE UND UNTERSTÜTZENDE“
„Eine große Stärke des Hauses ist ein großes und festes Netz persönlicher Bindungen“, sagt Marquort. Das zeige sich etwa daran, wie viele Menschen das Museum „mit hohem persönlichen“ Einsatz unterstützen, ohne etwas dafür zu verlangen. „Transporte von Bildern zum Beispiel“, zählt Marquort auf. Oder mit Expertise, wenn etwa eine kunsthistorisch befähigte Person unentgeltlich Gemälde bewertet und sie in den richtigen geschichtlichen Zusammenhang einordnet. „Die Heinrich-Blunck-Stiftung trägt als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts das Künstlermuseum zwar im juristischen Sinne, ist aber chronisch unterfinanziert“, weiß Hermann Marquort. Das Ehrenamt sei deshalb unverzichtbar: „Ohne das Engagement dieser ehrenamtlich Mitarbeitenden würde das alles hier nicht funktionieren; tatsächlich tragen sie das Museum.“
Dieser guten Vernetzung wegen fließt dem Künstlermuseum auch Geld zu: „Wir haben im vergangenen Corona-Jahr ungewöhnlich viele Spenden aus privater Hand erhalten, öffentliche Zuschüsse sind teils höher als gewöhnlich ausgefallen und auch die Mitglieder beider Fördervereine des Museums bleiben engagiert“, zählt Sabine Behrens auf. Das zeige, wie tragfähig die Beziehungen zum Publikum, zu den Menschen in Gemeinde und Region und zur lokalen Politik seien, ergänzt Alexander Orth. Als ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde Heikendorf habe er gute Kontakte und pflege sie auch. Umso mehr vermisse er die Museumsveranstaltungen: „Es geht nichts über persönliche Gespräche in zwangloser Atmosphäre wie etwa auf Vernissagen – solche Gelegenheiten fehlen jetzt.“
„DAS TEAM BRENNT DARAUF,
WIEDER ZUSAMMENZUKOMMEN UND GEMEINSAM ZU ARBEITEN“
Finanziell hat die Pandemie also kaum Auswirkungen auf das Künstlermuseum. Aber wie steht es um das Menschliche? Das fehlende Zusammensein mache viele der ehrenamtlich Mitarbeitenden traurig, sagt Sabine Behrens. „Unser Team brennt darauf, wieder zusammenzukommen, gemeinsam zu arbeiten, Ausstellungen zu hängen und zu präsentieren“, weiß sie. Pläne dafür gibt es reichlich: Ab Mitte März steht eine Schau mit Zeichnungen und Grafiken des Expressionisten Oskar Kokoschka im Ausstellungskalender, im Sommer sollen Skulpturen der Bildhauerin Karin Hertz gezeigt werden, die in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, und im Herbst findet sich eine Schau mit Werken des zuletzt in Kiel lebenden Künstlers Ben Siebenrock auf der Agenda. „Deshalb“, sagt Sabine Behrens, „arbeiten wir an einem Konzept, wie wir den Museumsbetrieb möglichst sicher und reibungslos nach dem Lockdown gestalten können“. Die Erfahrungen aus dem vergangenen Sommer seien dafür eine wichtige Grundlage, auf der man nun aufbaue. Und, versichert die Museumsleiterin: „An vorderster Stelle steht der Schutz von Publikum und Mitarbeitern.“
„DIGITAL ZIEMLICH SCHNELL IN DIE HUFE GEKOMMEN“
Was aber, wenn es nicht so schnell weitergeht? „Um den Kontakt zu unserem Publikum zu halten und bestenfalls neue, auch junge Besucher anzulocken, setzen wir zunehmend auf das Digitale“, sagt Sigrid Paulsen-McCord. Sie betreut gemeinsam mit Christoph Baldrich die Öffentlichkeitsarbeit des Künstlermuseums. Neben der Internetseite und dem Facebook-Auftritt gehören zum digitalen Angebot regelmäßig bespielte Kanäle sozialer Netzwerke, ein interaktiver, mit Audioerläuterungen versehener virtueller Rundgang durch das gesamte Museum und jüngst auch Videos, in denen Sabine Behrens ausgestellte Kunstschaffende interviewt oder Fachleute die Zuschauer durch die Ausstellung führen.
„Wegen der Pandemie sind wir mit unserer Digitalstrategie ziemlich schnell in die Hufe gekommen“, sagt Sabine Behrens. „Und weil vieles jetzt ganz schnell passiert, lernen wir auch schnell, vor allem aus dem Wechselspiel zwischen unseren Angeboten und dem Publikum.“
Was bei aller Geschwindigkeit nie aus dem Blick gerate, sei die Qualität, versichert Sabine Behrens. Und die Messlatte liege hoch: „Schon 2014 haben wir die Qualitäts-Zertifizierung des Museumsverbands Schleswig-Holstein und Hamburg erhalten, die 2019 bestätigt wurde; damit gehören wir landesweit zu einem der ersten vier Häuser mit Rezertifizierung.“ Zudem sei das Künstlermuseum Heikendorf-Kieler Förde Mitglied des 1994 gegründeten europäischen Verbands der Künstlerkolonien „EuroArt“. Dem wolle man gerecht werden, sagt Sabine Behrens. Auch während und nach der Pandemie.
Künstlermuseum Heikendorf-Kieler Förde, Teichtor 9, 24226 Heikendorf, Tel. 0431 248093, https://kuenstlermuseumheikendorf.eu,
Instagram: @kuenstlermuseum.heikendorf,
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